Stadt Hören, Klangspaziergänge durch Zürich

Verlag NZZ Zürich 2007

 

 

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Klangspaziergang vom Kunsthaus zum Lindenhof

1. Wir starten den Klangspaziergang vor dem Kunsthaus. Von hier aus begeben wir uns durch die Klang-schleuse zwischen den beiden Glaswänden beim Kunsthauscafé und entdecken den ersten Brunnen hinter dem Kunsthaus.
2. Wieder in der Krautgartengasse können wir ein Gleichgewicht zwischen dem Klangraum des ers-ten Brunnens und dem des bereits hier hörbaren Manessebrunnens entdecken: eine schwebendeKlangzone in feinem Gleichgewicht.
3. Der Manessebrunnen bietet einen mächtigen Wasserklangraum, der beim Nähertreten den Stadtklang vollständig zudeckt.
4. Am Anfang der Kirchgasse erahnen wir hörend das alte Junkerntor, sodass wir gleichsam durch ein Klangtor hindurch in den Klangraum der Altstadt gelangen.
5. Das Theologische Seminar vermag zwei Klangräume in die Kirchgasse hinaufzuspiegeln: Stimmen und Schritte von der unteren Kirchgasse und das Rauschen des Grossmünsterbrunnens aus der Münstergasse: eine besondere Klangfatamorgana.
6. Der Anfang der Neustadtgasse entpuppt sich als Hörrohr, das Stimmen aus der Kirchgasse verständlich überträgt, und der Klang des Niklausbrunnens wird fein dazugemischt. Der Niklausbrunnen klingt besonders reich, und man kann sich hier sehr leicht in den Klang des historischen Stadtraums hineinversetzen.
7. Durch die Trittligasse und Geiger-  gasse hinab gelangen wir ans Limmatquai. Das offene Wasser spiegelt, selber lautlos, die Klänge vom linken Ufer herüber und bil-det so einen grosszügigen Spiegelhallraum, der (seit der Verkehrs-beruhigung) von der Quaibrücke bis zum Central reicht.
8. Es sind nur ein paar Schritte zum Brückenresonanzraum unter der Quaibrücke. Ein kleiner Steg führt uns ein bisschen unterhalb des Wasserspiegels zwischen die Eisenträger der Brücke, die von den Trambahnen regelmässig in Schwingung versetzt werden und uns mit einer erdbebenartigen Welle erfassen. Dieser Urpuls durchzieht seit Mitte des 19. Jahrhunderts den ganzen Stadtkörper.
9. Die Riviera entlang gelangen wir 10. Wir gelangen via Limmatquai zum Rathaus, wo wir auf die Rathausbrücke abbiegen und versuchen, den kleinen Brunnen hinter dem Rathaus nicht zu überhören. Die Leuchten auf der Rathausbrücke erzeugen nachts ein merkwürdiges Dauersummen, das zusammen mit dem Echo der harten Betonbrücke an die Klangatmosphären von Neubauplätzen erinnert.
11. Über den Weinplatz gelangen wir in die Strehlgasse, nicht bevor wir den reich verzierten Biedermeierbrunnen (Winzerbrunnen) vor dem Hotel Storchen besucht haben. Die Strehlgasse führt uns durch das schönste Klanglabyrinth der Stadt Zürich hinauf zum Lindenhof.
12. Auf der Terrasse des Lindenhofs befinden wir uns im ehemaligen Innenhof der Pfalz. Es empfängt uns hier mitten in der Stadt die Klangatmosphäre eines Waldes, obwohl nur ein paar Schritte weiter, bei der nördlichen Stützmauer der ehemaligen Pfalz, eines der eindrücklichsten Klangpanoramen der Stadt auf uns wartet. Ganz unvermittelt eröffnet sich uns als abschliessender Höhepunkt des Klangspaziergangs ein grandioser Hörblick über die gesamte Altstadt hinweg zur Terrasse der ETH und weiter in Richtung Milchbuck. Gleichzeitig hören wir links den Bahnhof und rechts fast bis zur Quaibrücke.  (Seite 32 und 33)

 
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Der Klangcode der Stadt Zürich

Jeder städtische Raum weist eigene unverwechselbare Eigenschaften auf, die seine klangliche Präsenz bestimmen. Wir können auf einem Platz genau feststellen, wie die Klänge von aussen in den Hörraum des Platzes gelangen, wie sie den Raum füllen und wie sie dann allmählich wieder ausklingen. Die Klangartikulation ist abhängig von der Stellung der Fassaden eines Platzes. Die Form der Raumöffnung der Strassen, die Art der Hauskanten, ihre Materialität und ihre Reliefs artikulieren den eintretenden Klang. Wir können also feststellen, wie hart oder wie weich die eindringenden Klänge aus ihrem Kontinuum herausgeschnitten werden. Die «Zahnstellung» der Strassenöffnung ist vergleichbar mit der Mundstellung bei der Artikulation menschlichen Sprechens. Die verschiedenen Klangquellen der Stadt entsprechen den rauen Lauten unserer Stimmbänder, die Strassenzüge und Plätze unserer Mundhöhle. Mit diesem Vergleich können wir verstehen, wie die Stadt zu uns spricht. (Seite 92)

 
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Geplante und gestaltete Klangqualität für öffentliche Räume

In der Stadt Zürich fliessen 1200 Brunnen mit frischem Trinkwasser. Nichtbeabsichtigt wurde hier ein Netz von 1200 Klangbojen geschaffen, welche die Gezeiten des fallenden und steigenden Pegels des Hintergrundes des immerwährenden Lärmmeeres der Stadt anzeigen können. Jeder Brunnen hat einen individuellen Nahraum: Die innerste Klangschale. Diese ist umgeben von einem Ensemble von gebauten Fassaden, Objekten und Bäumen, die den Schall des fliessenden Brunnenwassers artikulieren, das heisst reflektieren, diffundieren und absorbieren. Dieses Ensemble bildet die zweite Raumschale.  Die gebaute weitere Umgebung entscheidet wieviel Geräusche aus der Stadt in die innere Raumschale und den Nahraum des Brunnens dringen. Die weitere Umgebung bildet die dritte Raumschale, sie ist meist labyrinthisch und kann ohne weiteres 300m und weiter reichen.
Die Klangqualität kann als Verhältnis der Klänge aus den drei Raumschalen beschrieben werden. Dieses kann vor Ort jederzeit wiedergehört und geprüft werden. Die Resultate der Hörbeobachtungen kann in einem Plan festgehalten werden und für den Prozess der Platzgestaltungm, der Planung und Umsetzung von Architektur und Stadt nutzbar gemacht werden. (Text neu 2017).

 
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The Art of Soundwalks

Playing the sound realms of a city. Listening as intervention in public spaces. From listening in open space  to maps and plans. From acoustic plans to listening buildings and public sound quality.

Klangspaziergang

Wir beginnen unseren Klangspaziergang an der Schifflände und gehen hinunter an den Rhein, um unter der Stadt hindurch in die Resonanzkammern der Stadentwässerungskanäle zu horchen. Nur ein paar Schritte weiter fliegt das Echo unserer Stimmen über den Rhein. Entdecken Sie Ihre Ohren neu und Ihre Fähigkeit, die Stimmen der Stadt zu hören und ihnen zu antworten: Wie klingt die Fassade des Polizeihauptgebäudes, wie klingt der kleine Brunnen in dessen Hinterhof vor dem Eingang in die Tiefgarage, wie der grosse Brunnen aus dem 16. Jahrhundert? Hat er uns heute noch etwas zu sagen? Jeder Hörspaziergang verändert den Stadtklang, wir erzeugen ihn andauernd in unserem Alltag. Der Boden der Stadt ist eine grosse Schallplatte, deren Rille unsere Füsse abtasten. Auf hartem Boden gehen wir im Gleichschritt, auf Kopfsteinpflaster geraten wir aus dem Takt und lachen häufiger. Nach wenigen Metern auf Asphalt schauen wir auf die Uhr, weil wir das Gefühl nicht loswerden, zu spät zu sein. Klangräume sind Zeiträume, die Ohren öffnen uns den Zugang zu inneren Dimensionen, die seit Urzeiten zwischen den Stadtmauern auf unsere Entdeckung warten. Auf dem Spahlenberg können wir über das grosse Gemurmel unseres Alltags hören: Welche klingende Zukunft liegt uns zu Füssen! Auf einem Klangspaziergang üben wir uns in der Kunst des Hinhörens, nach aussen und innen. Wir beginnen unseren Gedanken Raum zu geben, hören tief in die Vergangenheit und beginnen die Zukunft einer gemeinsamen Stadt zu schmieden. Basel ist ein besonderes Stadtklanginstrument: Nicht nur am Morgenstreich können Sie mitspielen, sondern jederzeit: alleine oder zusammen, flüsternd, murmelnd, öffentlich argumentierend, schimpfend oder lachend. Den Stadtklang gibt es nicht, wir machen ihn.

Repeated listening on site

A place’s sound quality immediately becomes ear-catching when listening on the spot. Sound quality is a local sound experience perceived by the listeners, and not a measurement. Repeated listening on site, in particular when performed in groups, helps to achieve specific knowledge and shows relevant and realistic measures for improving the conditions for the public realm’s sound quality. Listening on site, in comparison to studying plans and mock-ups, gives an immediate idea of a place’s audible problems and in particular shows the key parameters for bettering sound qualities. The results of site-specific sound walks complement common plans and mock-ups and contribute to analyse, plan, and design places. In particular, sound walks allow local people to get involved in the design process and to support site-specific knowledge. The professionals involved get a clear chance to synchronise their ideas and sound quality judgements about a specific place. A sound walk is always a step of citymaking because the sound walk’s participants spread the idea of a place’s existing and future qualities to other acoustic actors of the everyday city, local builders and interested residents for instance. (Maag T. Integrated urban sound planning – From noise control to sound quality for the everyday city. In: Proceedings of Internoise 2017. Hongkong; 2017.)